Jacques Lizène, geboren 1946, der sich ironisch als „kleiner Lütticher Meister der zweiten Hälfte des 20sten Jahrhunderts“ und als „Künstler der Mittelmäßigkeit“, bezeichnete, ist am 30. September dieses Jahres gestorben.
Im Rahmen der Filmreihe IN BELGIEN UND UM BELGIEN HERUM wird Guy Jungblut, der Anfang der 70er Jahre als Lütticher Galerist (YELLOW / YELLOW NOW) die frühen Filme von Lizène produziert hat, Filme seines langjährigen Freundes und weiterer Lütticher Künstler vorstellen.
Die seit langem geplante Veranstaltung wird nun auch zur Hommage an einen, der es faustdick hinter den Ohren hatte.
Aus den verschiedenen Nachrufen, die in der französischen und belgischen Presse und in blogs im Internet erschienen sind, wird deutlich, dass Lizène Spaß an Späßen hatte und dass er es mit seinen Späßen durchaus ernst meinte. Seine provokativen Werke und Aktionen trug er immer mit freundlicher Miene und dem Charme eines „verkehrten“ Dandys in die Öffentlichkeit. Da er kein Mobiltelefon besaß, zog er vor Publikum gerne seinen Schuh aus um damit laut zu telefonieren oder etwa im Getriebe einer Vernissage nebenbei Werke für seine imaginäre Kunstsammlung zu erstehen.
Diese eigene fiktive Kunstsammlung, über deren Bestand er genauestens Auskunft geben konnte und über die er auch Vorträge hielt, beinhaltete alles mögliche, selbst verlorengegangene Werke und Aquarelle von Amateuren. Auch seine eigenen Werke hatten darin Platz, aber nicht alle, denn er wollte auch für andere noch etwas übriglassen, wie er sagte.
Von Anfang an veralberte er und untergrub er das System der etablierten Kunst mit ihren Werturteilen (die sich vor allem in Geld messen) und ihrem Zwang zum Erfolg. Die Mittelmäßigkeit zu propagieren erschien ihm als der einzig gangbare Weg, künstlerisch noch etwas zu bewirken, den Kunstbegriff noch einmal zu erweitern.
Zusammen mit Lütticher Freunden tat er sich Anfang der 70er Jahre zu einem „Kreis Vorausschauender Kunst“ (Cercle d’Art Prospectif, kurz CAP) zusammen und machte die Bergarbeiterstadt Lüttich zum Keim einer aufmüpfigen Avantgarde.
Lizène war ungeheuer produktiv, ohne unbedingt bleibende Werke schaffen zu wollen. Vor allem sprühte er vor Ideen und war im Grunde Konzeptkünstler.
Im Sinne künstlerischer Autarkie erklärte er sich unter anderem selbst zu seiner eigenen Farbtube und malte mit seiner eigenen Scheiße. Je nachdem, was er zu sich nahm, konnte er deren Farbton und Geruch variieren. Das stank dem Kunstmarkt. Auch, dass man seine Bilder betreten durfte – wenn er malte, malte er Ziegelmauern.
Wenn gegenüber seinen Arbeiten der berühmte Einwand geäußert wurde, ein Kind könne das auch, entgegnete er: “Dafür ist es leider zu spät, ich war schneller.”